Erstes akademisch entwickeltes Antibiotikum kommt aus Thüringen

Das erste in Deutschland entwickelte Antibiotikum gegen Tuberkulose wurde im Jahre 2006 am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) in Jena entdeckt und seither zu einem Medikament entwickelt. Die neu entwickelte Prüfsubstanz mit der Bezeichnung BTZ-043 wirkt auch gegen multiresistente Erreger, die eine Behandlung weltweit zunehmend erschweren.

Die Entwicklung wird von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – (Leibniz-HKI) in Jena und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München geleitet. Das Leibniz-HKI ist für die Entwicklung der analytischen Nachweismethoden und die präzise Untersuchung der Aufnahme, Verteilung, Verstoffwechselung und Ausscheidung im Tierversuch und beim Menschen zuständig. Als Sponsor ist das Klinikum der LMU für die präklinische und klinische Entwicklung sowie die Qualität und Sicherheit des Arzneimittels verantwortlich. Für die GMP-Wirkstoffherstellung ist die HAPILA GmbH in Gera verantwortlich. HAPILA entwickelt darüber hinaus das Herstellungsverfahren nach allen einschlägigen Vorgaben des Arzneimittelrechts sowie international geltenden Vorschriften.

Die mehrere Millionen Euro teure Medikamentenentwicklung ist nur durch gemeinsame Finanzierung von öffentlicher und privater Hand möglich.  Das Konsortium InfectControl 2020 und das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) Arbeiten sowie der Freistaat Thüringen unterstützen einen Großteil der Studien. „Wir sind sehr stolz darauf, unseren Beitrag für die Entwicklung dieses so dringend benötigten Tuberkulose-Medikaments zu leisten und werden auch die weiteren klinischen Studien mit dem Wirkstoff aus Gera begleiten“, so Dr. Uwe Müller, Geschäftsführer der HAPILA GmbH. „Diese für ein kleines Unternehmen wie HAPILA sehr große Herausforderung anzunehmen war nur aufgrund der Unterstützung des Freistaates Thüringen über die Thüringer Aufbaubank Erfurt möglich“.

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Problem der Antibiotikaresistenz weltweit dramatisch verschärft. Wir stehen heute vor der Herausforderung, dass es immer mehr resistente Keime gibt, gegen die nur noch wenige Antibiotika helfen. Im Falle der Tuberkulose ist die Situation besonders schwierig, denn für ihre Behandlung müssen stets mehrere Antibiotika gleichzeitig verabreicht werden. Hinzu kommt, dass die Tuberkuloseerreger immer öfter gegen diese Antibiotika resistent sind. Um neue Therapieformen zu entwickeln, werden daher dringend mehrere neue Wirkstoffe benötigt, idealerweise mit unterschiedlichen Wirkmechanismen.

Der Wirkstoff BTZ-043 gehört zu einer neuen Antibiotikaklasse, den Benzothiazinonen. Als erster Vertreter dieser Substanzfamilie erlangte BTZ-43 für seine Wirkung gegen den Tuberkuloseerreger weltweiten Patentschutz. „Der Wirkstoff bindet irreversibel an ein Enzym, das die Mykobakterien – die Erreger der Tuberkulose – zum Aufbau der Bakterienzellwand benötigen“, erklärt Dr. Florian Kloß, Leiter der InfectControl 2020-geförderten Transfergruppe Antiinfektiva am Leibniz-HKI. „Dieses Enzym kann dadurch nicht mehr arbeiten, in den Zellwänden der Mykobakterien entstehen Löcher und sie laufen aus“, ergänzt DZIF-Wissenschaftler Prof. Michael Hoelscher, Direktor des Tropeninstituts der Ludwig-Maximilians-Universität München. Dieser Angriff auf die Tuberkuloseerreger ist so gezielt, dass BTZ-043 nur die Erreger, nicht aber andere für uns wichtige Bakterien bekämpft.

Nach Genehmigung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und der Ethikkommission der Bayerischen Landesärztekammer konnte in einer klinischen Phase I Studie die Verträglichkeit des Wirkstoffs gezeigt werden. Derzeit wird in einer klinischen Phase II Studie die Wirksamkeit an Patienten überprüft.

Erfolgsgeschichte des Zentrums für klinische Studien am SRH Wald-Klinikum Gera GmbH

Zentren für klinische Studien haben das Ziel, die patientenorientierte klinische Forschung nachhaltig zu verbessern, klinische Studien aus dem akademischen Umfeld und aus der Wirtschaft zusammen mit  Institutionen der Krankenversorgung durchzuführen und die erforderlichen Methoden weiter zu entwickeln.

Dies verwirklichten drei engagierte Mitarbeiter des SRH Wald-Klinikums Gera, indem sie die Studienaktivitäten aller Einrichtungen des SRH Wald-Klinikums Gera seit April 2011 mit der Gründung des Zentrums für klinische Studien bündeln und koordinieren. Neben dem Studiengeschehen in Gera wird hier auch die Durchführung von Studien im SRH Zentralklinikum Suhl und in den angegliederten Praxen durch die Mitarbeiter des Studienzentrums in  Gera koordiniert.

Der Anspruch der Mitarbeiter,  Studien mit einem Höchstmaß an Qualität durchzuführen, sorgte für großen Zuspruch vieler Kooperationspartner und ist einer von vielen Gründen, dass das Zentrum für klinische Studien heute 20 Mitarbeiter beschäftigt.

Seit der Gründung wurden mehr als 250 Studien initiiert und über 1900 Patienten in Studien eingeschlossen. Mit über 65 Partnern aus der forschenden Arzneimittel- Medizintechnikindustrie sowie mit diversen CROs hat das Zentrum bereits erfolgreich zusammengearbeitet.